seLiG im Gottesdienst

Sonntag, 19. Dezember 2010, 10.15 Uhr

4. Advent

„Meine Seele erhebt den Herren“

Konzert zum Abschluss des Weihnachtsmarkts

Sontag, 19. Dezember 10, 19 Uhr

 

Das traditionelle Konzert zum Abschluss des Weihnachtsmarkts fand 2010 am Sonntag, 19. Dezember um 19 Uhr in der Stadtkirche St. Laurentius statt. Das Konzert stand unter dem Titel „Meine Seele erhebt den Herren“. Musiziert wurden Bachs Magnificat, eines der schönsten Bach-Werke überhaupt, das in Bachs Gesamtschaffen einzigartig dasteht. Dazu erklang die Bachkantate „Meine Seel erhebt den Herren“ BWV 10 und Telemanns Deutsches Magnificat „Meine Seele erhebt den Herrn“.

Musiziert wurde diese wunderbare Musik von der Nürtinger Kantorei, dem Orchester der Stadtkirche – mit Annette Schäfer als Konzertmeisterin – und herausragenden Solisten, die inzwischen auf der ganzen Welt konzertieren: Fanie Antonelou (Sopran), Ruth Sandhoff (Alt), Carlos Zapien (Tenor) und Thomas Scharr (Bass). Die Leitung hatte Bezirkskantor Michael Čulo.

Klangprächtige Werke zum Lobpreis Gottes

Mit wohlgesetzten Klängen wussten die Sänger der Kantorei, die Musiker des Orchesters und die Solisten zu überzeugen. Foto: Erika Kern

Die Nürtinger Kantorei präsentierte in der Stadtkirche zum Abschluss des Weihnachtsmarkts ein mitreißendes Konzert


VON HELMUTH KERN

 

NÜRTINGEN. Zum Abschluss des Weihnachtsmarktes gab die Nürtinger Kantorei in der Stadtkirche St. Laurentius am Abend des vierten Advent ein Konzert mit Werken von Johann Sebastian Bach und Georg Philipp Telemann. Es stand mit seinen drei Vertonungen zu „Meine Seele erhebt den Herrn“ ganz im Zeichen des adventlichen Wartens auf die Menschwerdung Gottes. Der Hymnus, nach seinem Anfangswort in der lateinischen Bibel „Magnificat“ genannt, ist im Lukasevangelium (1, 46–55) nachzulesen. Es ist Marias Lobgesang, in welchem der dichterische Duktus der hebräischen Psalmen adaptiert wird. Gemeinsam ist allen drei Kompositionen über diesen Lobpreis eines großen, mächtigen und gerechten ewigen Gottes, dass ihre musikalische Gestalt mehr ist als nur tönende Form. Sie wird verstanden als göttlichen Ursprungs; deswegen kann in ihr das Göttliche hindurchschimmern, wie im Goldgrund spätmittelalterlicher Bilder der Himmel in goldenem Glanz erstahlt und damit in seiner transzendenten Bedeutung augenfällig wird.

 

Mit Bachs Choralkantate „Meine Seel erhebt den Herrn“, für den 2. Juli 1724 geschrieben, begann das beeindruckende Konzert unter dem bewährten Dirigat von Michael Čulo. Durch die Aufstellung des Chores betonte Čulo die Bedeutung des tragenden Fundaments barocker Musik, über dem sich das Zusammenwirken aller Stimmen als ein kontrastreiches Miteinander entwickelt. So waren der Bass dem Sopran, der Tenor dem Alt im „dreiflügeligen“ Aufbau zugeordnet.

 

Luzider Klang und musikalische Vehemenz

 

Bereits bei dieser Kantate zeigte das schmale, aber sehr kompetent besetzte Projektorchester der Nürtinger Stadtkirche luziden Klang sowie musikalische Vehemenz. Ein stimmiges Konzertieren zusammen mit der Kantorei prägte die Aufführung. Mitreißend wurde die Bass-Arie „Gewaltige stößt Gott vom Stuhl“ musiziert; im vorwärtstreibenden Gestus des Continuo (Christine Wiegräbe, Violoncello, Rüdiger Kurz, Violone, und Angelika Rau-Čulo, Orgel) wurde der Textgehalt ganz im Sinne barocker Figurenkomposition hörfällig.

 

Telemanns Deutsches Magnificat in der Lutherübersetzung ist in acht Abschnitte gegliedert; den vier einheitlich gestalteten Chorsätzen sind vier farbig unterschiedlich instrumentierte Solopartien gegenübergestellt. Besonders eindrücklich war das musikantische, cantabile Violinspiel von Annette Schäfer in der Tenor-Arie „Die Hungrigen...“. Insgesamt kam Telemanns erfindungsreiche, klangvoll-eingängige Komposition in ihrer dramatischen Bildhaftigkeit deutlich zum Ausdruck.

 

Den Schluss der Magnificat-Trilogie bildete Bachs selten aufgeführte erste Fassung des „Magnificat“ in lateinischer Sprache von 1723 in Es-Dur.

 

Bereits fünf Wochen nach seinem Amtsantritt, zu seinem ersten großen kirchlichen Feiertag in Leipzig, dem 2. Juli, dem Fest der Heimsuchung Mariä, hatte Bach sein klangprächtiges Werk – mit opulenter Fünfstimmigkeit in den Chorsätzen – aufgeführt. Für den ersten Weihnachtsfeiertag 1723 fügte er diesem Werk auf Weihnachten bezogene Einlagesätze hinzu und machte es damit zu einer prachtvollen Weihnachtsmusik.

 

Dass das Bezirkskantorenpaar dieses fulminante Werk an den Schluss des Konzerts setzte, zeigte wieder einmal, wie reflektiert es das Programm zu gestalten weiß. So spannte sich vom Lobpreis Mariens in der Eingangskantate bis zur Geburt an Weihnachten ein großer Bogen. Damit wurde am letzten Sonntag in der Adventszeit das Tor zur Christgeburt geöffnet. Seine Festmusik hat Bach aus dem nur zehn Verse umfassenden Text des „Magnificat“ entwickelt. Er gliederte sie in Sinneinheiten, die er als Chorsätze und Arien vertonte. Das Werk ist gekennzeichnet durch Kontraste, die sich in Harmonik, Satztechnik und einer überaus abwechslungsreichen Instrumentation zeigen; und es ist aus dem Elan der frühen Leipziger Zeit geschrieben. Die Besetzung mit drei Trompeten, an die hohe spieltechnische Anforderungen gestellt werden, mit Pauke und je zwei Flöten und Oboen gibt dem Hymnus einen festlichen Charakter. Es ist ein exemplarisches Werk barocker Kompositionskunst, der die im Hörer erzeugte Stimmung besonders wichtig und der die Analogie von Wortbedeutung und Tonfigur dafür ein wesentliches Mittel war. Im ausdrucksstark interpretierten „Omnes generationes“ wurde dies zum Beispiel sehr deutlich.

 

Dieses klangprächtige Werk entwickelte Michael Čulo mit der Kantorei und den Instrumentalisten des Ensembles auf hohem Niveau. In den Arien wurden die sängerischen Fähigkeiten der Solisten deutlich. Eindrücklich war das Terzett mit seinen fast seraphischen Klängen des „Suscepit Israel“, in der die Chorsängerin Rosine Scheifele überzeugend den Altsolopart sang.

 

Čulo hat dynamische, versierte Solisten gewinnen können, die sensibel ihren Part gestalteten, durchgängig ausdrucksvoll interpretierten und musikantisch vortrugen: Fanie Antonelou, kurzfristig für die erkrankte Sopranistin Sarah Wegener eingesprungen, die international renommierten Solisten Ruth Sandhoff (Alt), Carlos Zapién (Tenor) und Thomas Scharr (Bariton), der die Basspartien sang.

 

Es war ein großartiges Konzert, durchgängig getragen vom kirchenmusikalischen Credo des „Soli Deo Gloria“ (Gott allein die Ehre). Großer und verdienter Beifall der begeisterten Zuhörer in der bis auf den letzten Platz besetzten Stadtkirche bestätigte dies. Mit der Kantorei und der capella laurentiana ist dem Nürtinger Konzertleben ein Chor mit beachtlicher Qualität zugewachsen.

Quelle: NTZ 22.12.2010

Nürtinger Kinder- und Jugendchor im Gottesdienst

Freitag, 24. Dezember 2010, 16 Uhr

Krippenspiel am Hl. Abend

Kantatengottesdienst zum Christfest - Nürtinger Kantorei

Sonntag, 26. Dezember 10, 10.15 Uhr

 

Im traditionellen Kantatengottesdienst am zweiten Weihnachtsfeiertag, 26. Dezember 2010, um 10.15 Uhr erklang die Kantate „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ von Johann Kuhnau. Der Sohn eines Tischlers besuchte als Stipendiat die berühmte Kreuzschule in Dresden und studierte anschließend Philosophie und Rechtswissenschaft, bevor er eine Stelle als Kantor in Zittau antrat. Kuhnau galt als Universalgelehrter unter den Musikern. 1682 kehrte er wieder nach Leipzig zurück und wurde zwei Jahre darauf Organist an der Thomaskirche. Ab 1701 bis zu seinem Tod war er Thomaskantor als Nachfolger von Johann Schelle und unmittelbarer Vorgänger von Johann Sebastian Bach. Außerdem bekleidete er ab 1701 auch das Amt des Universitätsmusikdirektors. Besonders bekannt wurde Kuhnau durch seine Werke für Tasteninstrumente. Zu Unrecht sind seine Vokalkompositionen aus den kirchenmusikalischen Programmen fast vollständig verschwunden. Die Weihnachtskantate „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ gehört sicher zu Kuhnaus „Schätzen“ im Bereich der Vokalmusik.

Im Kantatengottesdienst in der Stadtkirche musizierten Daniel Jenz (Tenor), die Nürtinger Kantorei, das Orchester der Stadtkirche und Michael Čulo (Orgel). Die Leitung hatte Bezirkskantorin Angelika Rau-Čulo.

"concerto"

Konzert zur Jahreswende

Freitag, 31. Dezember 10, 22 Uhr

 

Mit diesem Konzert endete der Zyklus „Mit Bach durchs Jahr 2010“: die beiden Nürtinger Bezirkskantoren spielten im Jahr 2010 das komplette Orgelwerk des großen Barockkomponisten und zeigten dabei die vielen Facetten und Charakteristika der Bachschen Orgelmusik auf. Mit der Aufführung des Tripelkonzerts für Flöte, Violine, Cembalo und Streicher a-Moll und dem V. Brandenburgischen Konzert D-Dur von Bach setzten die Musiker einen glanzvollen Schlusspunkt an dieses Großprojekt.

 

Es musizierten  die Nürtinger Flötistin Amanda Chominsky, der Geiger Joachim Ulbrich von der Grinio-Akademie Köngen, Bezirkskantor Michael Čulo am Cembalo, Bezirkskantorin Angelika Rau-Čulo an der Orgel und das Orchester der Stadtkirche.

 

Ein gut gefülltes und wunderbares kirchenmusikalisches Jahr 2010 klang auf diese Weise mit festlicher Musik aus.

Mit Bach das Kirchenmusik-Jahr abgeschlossen

Klangschönes Konzert zum Jahresende in der vollbesetzten Nürtinger Stadtkirche

 

NÜRTINGEN (pm). Mit einem schwungvollen und klangschönen Konzert zur Jahreswende ging das Jahr 2010 für die Konzertbesucher in der voll besetzten Stadtkirche St. Laurentius am Silvesterabend zu Ende. Mit der Programmauswahl sollte ein glanzvoller Schlusspunkt unter den Zyklus „Mit Bach durchs Jahr“ gesetzt werden.

 

Im Zentrum des Konzerts zur Jahreswende standen Bachs Tripelkonzert a-Moll für Flöte, Violine und Cembalo und dessen 5. Brandenburgisches Konzert in D-Dur. Schon die Auswahl dieser beiden Stücke war ein Glücksgriff, da Bach für das Tripelkonzert a-Moll für Flöte, Violine und Cembalo, das wohl in Bachs späte Lebenszeit gehört, auf die Solobesetzung des aus der Köthener Zeit stammenden 5. Brandenburgischen Konzerts zurückgegriffen hat.

 

Dieses Werk ist das Ergebnis des wohl eigentümlichsten Bearbeitungsvorganges, den man im Zusammenhang mit Bachs Konzert-Œuvre kennt. Die Außensätze basieren auf dem Satzpaar Präludium und Fuge a-Moll (BWV 894), einem der in Weimar entstandenen Cembalowerke, in denen Bach sein Studium der italienischen Konzertform für die Tasteninstrument-Komposition fruchtbar machte. Der Mittelsatz ist im Wesentlichen substanzgleich mit dem langsamen Satz der Triosonate d-Moll für Orgel (BWV 527); Orgelsatz und Konzertsatz gehen wahrscheinlich auf eine gemeinsame Vorlage zurück, die wohl ursprünglich Teil einer Ensemble-Triosonate war. Die Solisten Amanda Chominsky (Flöte), Joachim Ulbrich (Violine) und Michael Čulo (Cembalo) musizierten in agiler Frische und Lebendigkeit, die dem Gestus der Musik in perfekter Weise entsprach. Mit angenehm durchsichtigen und gut durchhörbaren Tempi wurde die Bach’sche Musik einmal mehr für alle Anwesenden „begreifbar“.

 

Ein weiterer Höhepunkt des Abends war die Aufführung von Bachs Brandenburgischem Konzert Nr. 5, in dem das Cembalo eine herausragende solistische Rolle einnimmt. Michael Čulo meisterte diesen Part mit seinen virtuosen und klangvollen Arpeggien-Passagen bravourös und bewies einmal mehr seine musikalischen und spieltechnischen Fähigkeiten am Cembalo; unterstützt wurde er dabei kongenial von seinen Solo-Partnern Amanda Chominsky und Joachim Ulbrich. Das Orchester der Stadtkirche trat im gesamten Programm in kleiner Besetzung auf und unterstützte in schöner Weise das farbenreiche Spiel der Solisten.

 

Zwischen diese beiden großen Bach-Werke war Händels Orgelkonzert A-Dur platziert, das als Händels lyrischstes Orgelkonzert gilt. Den Musikern, allen voran Angelika Rau-Čulo an der Goll-Orgel, gelang es in hervorragender Weise, dieses lyrische und cantable Moment in Händels Musik aufzuspüren und herauszuarbeiten. Die Zuhörer dankten den Ausführenden für diesen wunderbaren Abend in der besonderen Atmosphäre der Stadtkirche mit lang anhaltendem Beifall. Ein gut gefülltes kirchenmusikalisches Jahr 2010 klang auf diese Weise festlich aus und die Gesamtaufführung des Bach’schen Orgelwerks fand seinen krönenden Abschluss.

Quelle: NTZ 11.01.2011