Gitarre trifft Orgel

Gitarrenduo Gruber & Maklar und Amadeus Guitar Duo

Die Nürtinger Orgeltage – eine ökumenische Kooperation der Musik an der Stadtkirche und der Musik an St. Johannes – sind aus dem Nürtinger Kulturleben nicht mehr wegzudenken. Das Eröffnungskonzert am Samstag, 6. Oktober um 20 Uhr in der katholischen Kirche St. Johannes gestalteten das Gitarrenduo Gruber & Maklar und das Amadeus Guitar Duo, die beide seit vielen Jahren zu den führenden Ensembles in der Gitarrenszene gehören. Mit ihrer absoluten Hingabe an ihr Instrument und ihrem unvergleichlichen Zusammenspiel erobern sie die Herzen des Publikums. Für das Nürtinger Konzert haben sie Werke von Bach, Garcia, Albéniz und Cabezón ausgewählt. Höhepunkt des Konzerts war die Aufführung des „Concierto Andaluz“ für vier Gitarren und Orgel, das sie zusammen mit Andreas P. Merkelbach musizierten.

Triumphaler Auftakt der Orgeltage

Christian Gruber, Dale Kavanagh, Peter Maklar und Thomas Kirchhoff begeisterten die Zuhörer in der katholischen St.-Johannes-Kirche. Foto: NTZ

Das erste Konzert in der katholischen Kirche St. Johannes wurde mit stehenden Ovationen bedacht

 

VON HEINZ BÖHLER

 

NÜRTINGEN. Eine „noche espagnola“ sollte es werden, das Konzert, mit dem die diesjährigen Nürtinger Orgeltage am Samstagabend in der katholischen Stadtkirche St. Johannes eröffneten. Es wurde ein triumphaler Abend der Begegnung zweier Instrumente, die in der musikalischen Tradition zwei gegensätzliche Welten verkörpern.

 

Mit vier Gitarren und den Klängen der großen Kirchenorgel fanden unter anderem Kompositionen der spanischen Tonsetzer Issac Albeniz und Joaquin Rodrigo den Weg in den Kirchenraum und das Innere der zahlreichen Zuhörer. Königin trifft Zigeunerin – machtvolle Orgelakkorde mithin auf die eher zart-flüchtigen Klänge der Gitarrensaiten der beiden Duos „Gruber & Maklar“ und „Amadeus“. An den Registern und Tasten war Kantor Andreas P. Merkelbach tätig.

 

Doch der trat erst mit dem letzten Stück vor der Pause in Erscheinung, das für viele der Zuhörer möglicherweise auch schon den Höhepunkt der Vorstellung von Merkelbach, Dale Kavanagh, Thomas Kirchhoff, Christian Gruber und Peter Maklar darstellte. Ist doch der zweite Satz „Adagio“ aus Joaquin Rodrigos Suite für Solo-Gitarre und Orchester „Concierto de Aranjuez“ eines der populärsten Werke der Gitarrenliteratur überhaupt.

 

Den Anfang jedoch machten die zum Quartett zusammengeschlossenen Gitarren-Duos mit einem Arrangement von Michael Prätorius’ noch ganz der Renaissance verhafteter Tänze-Sammlung „Terpsichore“. Hochbarock und Bach – Johann Sebastian, versteht sich – ergänzen sich fast synonymisch. Das sechste der Brandenburgischen Konzerte hatte der Eisenacher Erzmusiker ursprünglich für zwei Violinen, zwei Gamben und je ein Violoncello, Violone und Cembalo konzipiert. Die vier Gitarristen bedienten sich für ihren Nürtinger Auftritt einer Bearbeitung von Jörg Falk.

 

Die Größe des Saals war der Lautstärke der Gitarren überlegen

 

Allerdings erwies sich hier die Größe des Saals der Lautstärke der Gitarren als zu überlegen. Man hätte vielleicht auch hier schon den Einsatz von Mikrofonen in Erwägung ziehen sollen, denn von derlei musikalischen Perlen sollte eigentlich niemandem auch nur das Geringste entgehen.

 

So richtig spanisch war das alles ja nun nicht, was dem Kunstgenuss jedoch keinerlei Abbruch tat. Immerhin lag dem nächsten Stück, einer „Lorca Fantasy“ aus der Feder des Briten Gerald Garcia, eine spanische Story zugrunde. Das „Amadeus Guitar Duo“, bestehend aus Dale Kavanagh und Thomas Kirchhoff, erzählte mit gitarristischen Mitteln und Ausdruckskraft die Geschichte eines Stierkämpfers, der in der Arena sein Leben aushaucht: „Warum soll immer der Stier sterben?“

 

Was danach zu hören war, kam den Zuhörern nicht nur spanisch vor. Es wurde vielmehr sehr spanisch: Gruber & Maklar widmeten sich nun den Musik gewordenen Inspirationen des spanischen Pianisten Isaac Albéniz, der mit den Stücken „Cordoba“ und „Aragon“, beide aus verschiedenen Zyklen, jener Stadt und dieser Region seiner Heimat ein herrliches Denkmal setzte.

 

Während der an die anrührende Vorstellung des schon erwähnten „Adagios“ aus Rodrigos „Aranjuez“ anschließenden Pause wurden im nebenan gelegenen Gemeindehaus Getränke gereicht. Für die zweite Hälfte hatten die Veranstalter noch einmal einen Rodrigo ins Programm genommen, und zwar diesmal alle drei Sätze des „Concierto Andaluz“ für vier Gitarren und Orchester, das Andreas P. Merkelbach mit seinem Orgelspiel vollständig ersetzte.

 

Wie schon beim „Aranjuez“-Adagio für die wunderbare solistische Interpretation Dale Kavanaghs ein Mikrofon zur Verstärkung der Gitarre eingesetzt worden war, hatte auch für diesen abschließenden großen Wurf jeder der vier Gitarristen ein Mikro vor dem Schallloch, da es anders kaum möglich gewesen wäre, sich gegen die Orgel durchzusetzen. Welchen Eindruck die Aufführung dieses weniger populären Rodrigo-Konzertes auf das Publikum macht, mag an den stehenden Ovationen zu ersehen gewesen sein, die anschließend die Empore hinaufbrandeten.

 

Als Zugabe hatte das Quintett noch etwas Nichtspanisches vorbereitet. Mit Alexander Borodins „Steppenskizzen“ ging eine Premiere der diesjährigen Nürtinger Orgeltage zu Ende, wie sie kaum besser hätte präsentiert werden können.

NTZ, 08.10.2012

Orgel virtuos

Christian Schmitt

Das zweite Konzert der VIII. Nürtinger Orgeltage 2012 bestritt Christian Schmitt, einer der besten Konzertorganisten seiner Generation, am Sonntag, 14. Oktober 2012 um 18 Uhr an der Goll-Orgel der Nürtinger Stadtkirche St. Laurentius. Christian Schmitt konzertiert weltweit: als Solist spielt er mit führenden Rundfunkorchestern (BR, WDR, NDR, MDR, SR, u. RSB), dem Orchester der Beethovenhalle Bonn und der Staatskapelle Weimar (2013). Dabei arbeitet er mit Künstlern wie Juliane Banse, Sibylla Rubens, Martin Grubinger, Michael Gielen, Wen-Sinn Yang, Reinhard Goebel, Roy Goodman, Christoph Poppen, Sir Roger Norrington oder Marek Janowski. In der Spielzeit 2012 gibt er sein Debüt bei den Salzburger Festspielen (Duo mit Magdalena Kožená). Weitere Höhepunkte dieser Spielzeit sind der Auftritt als Solist mit dem Radio-Sinfonieorchester Wien beim Konzert zum 100-jährigen Bestehen des dortigen Konzerthauses, eine Solo-Matinée mit Uraufführung (Martin Herchenröder, *1961) im Berliner Konzerthaus und der Orgelpart der "Missa Solemnis" mit den Berliner Philharmonikern (Ltg. Herbert Blomstedt).

Im Rahmen einer Lehrstuhlvertretung an der Musikhochschule Stuttgart hat Schmitt im Sommersemester 2011 die Klasse von Prof. Jürgen Essl unterrichtet. Ferner ist er Dozent an der Internationalen Bach Akademie Stuttgart und Lehrbeauftragter an der Hochschule für Musik Saar. Seit 2011 wirkt er als Orgelsachverständiger für die Stiftung Berliner Philharmoniker. Im Nürtinger Konzert spielte Schmitt Orgelwerke von Bach, Liszt, Widor (6. Symphonie) und Roth.

Großes Orchester in Gestalt einer Orgel

Christian Schmitt am Sonntag an der Goll-Orgel in der Nürtinger Stadtkirche St. Laurentius. itt

Das zweite Konzert der Nürtinger Orgeltage bestritt Christian Schmitt an der Goll-Orgel in der Stadtkirche

 

VON GÜNTER SCHMITT

 

NÜRTINGEN. Manche Anekdote sagt mehr aus als ein wissenschaftlicher Exkurs. Also: Ein Musiker kommt in den Himmel und freut sich darauf, endlich Antwort zu erhalten auf die Frage, ob Gott Mozart höre oder doch eher Bach. Vor dem Thron des Herrn vernimmt er dann von Mozart das Dorfmusikantensextett „Ein musikalischer Spaß“. „Tritt näher mein Sohn“, sagte der himmlische Vater, „eine Frage lese ich in deinen Augen. Sprich sie aus!“ Darauf der Musiker: „Wir auf Erden denken immer, du hörst Bach, aber nun hörst du Mozart. Warum?“ Der Schöpfer alles Sichtbaren und Unsichtbaren schaut ihn gütig an und sagt dann sehr langsam: „Ich bin Bach.“

 

Mit Johann Sebastian Bach, dem Zentralgestirn am Himmel der Komponisten, begann am Sonntag die zweite, sehr gut besuchte Veranstaltung der Nürtinger Orgeltage. Manche Künstler bekommen Sodbrennen, wenn sie einen anderen Künstler loben sollen. Nicht so Michael Čulo. Der Bezirkskantor lobte Christian Schmitt, den Solisten des Abends, als „renommiertesten und besten“ Organisten. Der Konzertorganist mit einem Veranstaltungskalender, der für sich spricht und dessen Name auch immer wieder in der überregionalen Presse zu lesen ist, begann mit der Fantasie und Fuge g-Moll BWV 542 von Bach.

 

Wer ein Ohr dafür hat, weiß schon nach den ersten Takten, wohin die Reise geht. Hier war bereits die Einleitung von großer Klarheit geprägt. Die Töne kamen so scharf akzentuiert wie die Linien einer Federzeichnung. Noch dem verborgensten Rhythmus wurde die Ehre gegeben, ohne dass deshalb der Fluss der Komposition eine Beeinträchtigung erfahren hätte. Das Spiel war so elaboriert und schlicht zugleich, dass die Musik bei dieser Wiederbegegnung wie neu erschien. Der Interpretation lag ein untrüglicher Sinn für die Dramaturgie der Komposition zugrunde. Man hörte es sofort: Hier hatten sich ein Organist und ein Komponist gefunden. Wer’s nicht hört, der wird es nicht erjagen. Musik ist schwer in Worte zu fassen.

 

In eine andere Welt führte „Orpheus – sinfonische Dichtung Nr. 4“ von Franz Liszt. Hier ist das romantische Schwärmen zu Hause. Es reicht vom silbrigen Sinnieren bis zum tiefen drohenden Schwarz der Unterwelt. Der Instrumentalist darf mit vollen Händen in die Tasten greifen. So wird eine Stimmung heraufbeschworen, ohne dass man immer genau weiß, wofür die Stimmung steht.

 

Christian Schmitt hat nicht nur auch in Frankreich studiert, er gab auch einem ihm bekannten französischen Komponisten die Ehre der Aufführung. Es handelte sich um „Joie, Douleur et Gloire de Marie“ von Daniel Roth. Roth schreibt eine moderne Musik. Es sind die kühlen Gebilde einer großen Einsamkeit. Schrille Dissonanzen wechseln mit schreckhafter Stille oder einem stillen Modulieren vergangener Schulen. Wie so oft bei moderner Musik darf man rätseln, wofür die heraufbeschworene Stimmung steht, ob für eine in die Brüche gegangene Zeit oder für eine Stimmung an sich. Der Zuhörer wird nicht mit der Lieblichkeit einer versöhnenden Schlussfigur entlassen.

 

Im Vorstadium der Explosion

 

Die Veranstalter hatten mit einem großen Entgegenkommen für die Zuhörer aufgewartet. Es war umgestuhlt worden, sodass Besucher die Orgel nicht hinter sich, sondern im Blick hatten. Während draußen die Dunkelheit über die Dächer der Stadt sank, entfaltete sich im Kircheninnern zum Schluss mit der Orgelsinfonie Nr. 6 von Charles-Marie Widor eines der spektakulärsten Orgelwerke, das je geschrieben wurde. Es ist ein perfekter Reißer, Vergnügen und Forderung für jeden Organisten, für den Zuhörer erst recht. Da rollt es und grollt es und nimmt immer von neuem Anläufe zu berstenden Steigerungen. Das orchestral gedachte Werk brilliert mit allen Raffinessen spätromantischer Klangbilder. Es ist großes Orchester in Gestalt einer Orgel. Die hämmernden Rhythmen des Finalsatzes vermögen noch die müdesten Geister zu beleben. Manchmal scheint der tosende Klang die Orgel ins Vorstadium der Explosion zu führen. Widor at his best.

 

Der Beifall ließ daraufhin nichts zu wünschen übrig. Es gab Blumen und reichlich Vorhänge. Die Zugabe war ein kleines Rätselstück, eine Improvisation über die d-Moll-Toccata von Bach.

 

Den Abschluss der Orgeltage bildet eine Orgelnacht am Samstag, 27. Oktober, 20 Uhr, in der Johanneskirche. Dann sind die Lokalmatadoren gefordert: Angelika Rau-Čulo, Michael Čulo und Andreas Merkelbach. Dabei sollen auch die berühmten Goldbergvariationen von Bach eine Rolle spielen.

NTZ, 16.10.2012

Nürtinger Orgelnacht 2012

Traditionell bildet die Orgelnacht den Abschluss der Nürtinger Orgeltage. 2012 musizierten die drei Nürtinger Kantoren Angelika Rau-Čulo, Andreas P. Merkelbach und Michael Čulo am Samstag, 27. Oktober ab 20 Uhr im Stundentakt an der Albiez-Orgel der katholischen Kirche St. Johannes. In den ersten beiden Konzerten des Abends waren die Bachschen Goldbergvariationen zu hören. Die Nürtinger Bezirkskantoren haben eines der schönsten und emotionalsten Werke des Thomaskantors auf die Orgel übertragen und zeigten mit dieser zu Herzen gehenden Musik einmal mehr die schönen und abwechslungsreichen Farben der Albiez-Orgel. Die Nürtinger Orgeltage beschloss Andreas P. Merkelbach mit der „Suite gothique“ von L. Boëllmann und Werken von Eberlin, Sweelinck und Widor.

Warmer Klang zu kalten Temperaturen

Tastenkünstler: Johannes P. Merkelbach (links), Michael Čulo und Angelika Rau-Čulo pm

Mit der Orgelnacht ließen die Nürtinger Kantoren die Orgeltage in der Johanneskirche ausklingen

 

NÜRTINGEN (nn). Trotz des verfrühten Wintereinbruchs ließen sich am vergangenen Samstag circa 200 Orgelinteressierte nicht davon abhalten, den Orgelklängen in der katholischen Kirche St. Johannes zu lauschen. Bereits zum achten Mal beschloss die traditionelle Orgelnacht die Nürtinger Orgeltage. Die beiden Bezirkskantoren Angelika Rau-Čulo und Michael Čulo sowie Hausherr Andreas P. Merkelbach ließen in drei aufeinanderfolgenden Konzerten die Klangfarben der Albiez-Orgel leuchten. In den Pausen hatten die Besucher Gelegenheit, sich bei Sekt und Gebäck zu stärken und mit den Künstlern ins Gespräch zu kommen.

 

Am großen Bach kommt ein Organist schlechterdings nicht vorbei. Dennoch haben Angelika Rau-Čulo und Michael Čulo mit den Goldberg-Variationen, einem Höhepunkt barocker Variationskunst, einen Zyklus ausgewählt, der selten auf der Orgel zu hören ist. Aufgeteilt auf die beiden ersten Stunden ließ die Nürtinger Bezirkskantorin zunächst die Aria mit 15 Variationen erklingen. Ihr Mann folgte ihr mit dem Rest des Werks.

 

Der Name Goldberg-Variationen geht auf einen anekdotischen Bericht des ersten Bach-Biografen zurück, wonach Bachs Werk für den russischen Gesandten am Dresdner Hof verfasst worden sei, der unter Schlaflosigkeit litt und dessen Cembalist Goldberg ihn durch diese Musik aufheitern möge.

 

Dies ist indes auch den beiden Musikern am Samstag gelungen: Trotz der in den Oberstimmen streng kanonischen Sätze haben sie jedem Einzelsatz seinen ganz eigenen Charakter verliehen. Klangfarblich perfekt angepasst und ausgewogen war nie hörbar, wie technisch diffizil die Goldberg-Variationen bekanntermaßen sind. Mal mit helleren, mal mit dunkleren Flötentönen, teils flimmernd, teils schnarrend verliehen beide Organisten der Musik sowohl große Leichtigkeit als auch sonore Würde, immer entsprechend dem vom Komponisten vorgegebenen Affekt. So gespielt, möchte man gerne schlaflos sein.

 

In der dritten Stunde widmete sich Johanneskantor Andreas P. Merkelbach den Jubilaren dieses Jahres. Mit Johann Ernst Eberlins Toccata tertia a-Moll und Jan Pieterszoon Sweelincks Variationen über „Ich fuhr mich über Rheine“ schlug er die Brücke zum zuvor Gehörten: In den lang gezogenen, spannungsreich gespielten Halbtonlinien des ersten und den spielerisch wellenförmigen Girlanden des zweiten zeigte er die Palette an feinen, zarten Klängen. Den vollen Klang erlebte der Zuhörer bei Léon Boëllmanns Suite Gothique und Jan Zwarts Toccata über den 146. Psalm, „Preiset den Herrn mit frohem Schall“, die sich als dankbarer Rausschmeißer entpuppte. Die Musik des Holländers ist in den Rahmenteilen toccatenhaft mit flinken Spielfiguren, im Mittelteil choralartig hymnisch, und stellt so die Beziehung zu den Ecksätzen der Boëllmann-Suite her. Besonders beglückend waren deren dritter Satz, „Prière à Notre Dame“, und Charles Marie Widors „Méditation“ aus der 1. Symphonie, die Merkelbach mit großer Innigkeit und Pietät interpretierte. Die zahlreichen Besucher der Orgelnacht bedankten sich jeweils mit lang anhaltendem Beifall, der den in Pausengesprächen geäußerten Wunsch nach Wiederholung in sich trug – 2013 bei den neunten Nürtinger Orgeltagen.

NTZ, 03.11.2012

Reformation und Musik

Meinrad Walter

Am Reformationstag, Mittwoch, dem 31. Oktober 2012 lud das Ev. Bildungswerk, die ev. Stadtkirchengemeinde und die Musik an der Stadtkirche zur Nürtinger Reihe in die Stadtkirche St. Laurentius ein. Um 19.30 Uhr fand ein Vortragsabend zum Thema „Reformation und Musik“ mit Prof. Dr. Meinrad Walter und mit musikalischer Begleitung durch das Ensemble „capella laurentiana“ unter der Leitung von Bezirkskantorin Angelika Rau-Čulo statt.

Die Reformation legte einen Grundstein der europäischen Musikkultur: vom Gemeindegesang bis zur Hausmusik, von Luthers Liedern über die Motetten von Heinrich Schütz bis zu Bachs Kantatenwerk. Der Vortrag wollte einige Aspekte aus dem spannungsvollen Wechselspiel von Musik und Religion aufzeigen, wobei es auch um den grundsätzlichen konfessionellen Stellenwert von Musik ging. Und um die Frage, ob es denn konfessionelle Unterschiede in der Kirchenmusik heute überhaupt noch geben soll.

Prof. Dr. Meinrad Walter hat über Johann Sebastian Bach promoviert und ist seit 2002 Kirchenmusikreferent der Erzdiözese Freiburg, seit 2008 zudem Lehrbeauftragter an der Hochschule für Musik Freiburg, die ihn 2012 zum Honorarprofessor ernannt hat.

Lob für „Frau Musica“

Vortrag und ein Konzert zum Thema „Reformation und Musik“

 

NÜRTINGEN (pm). Die „Nürtinger Reihe“ gehört zu den traditionsreichen und fest verankerten Veranstaltungen im kirchlichen Leben der Stadt. Am diesjährigen Reformationstag war in der Stadtkirche St. Laurentius ein Vortrag von Professor Dr. Meinrad Walter vom Amt für Kirchenmusik der Erzdiözese Freiburg zu erleben.

 

Im Rahmen der Lutherdekade, die 2008 begonnen hat und auf den 500. Jahrestag des Thesenanschlags von Martin Luther hinführt, steht im Jahr 2012 das Thema „Reformation und Musik“ im Zentrum. So war auch der Abend mit Meinrad Walter, zu dem das Evangelische Bildungswerk, die Musik an der Stadtkirche und die Evangelische Stadtkirchengemeinde eingeladen hatten, überschrieben.

 

Nach einer kurzen Begrüßung und Einführung durch Bildungsreferent Dieter Kunzmann begann Walter mit seinen Ausführungen bei Martin Luther und Johann Walter, dem Komponisten der Reformation. Mit den verschiedensten Zitaten und Texten gelang es ihm, die Zuhörerschaft in den Bann zu ziehen. Er führte zu den Höhepunkten protestantischer Musikgeschichte, indem er die Fäden zu Heinrich Schütz, Johann Sebastian Bach, Felix Mendelssohn Bartholdy und Hugo Distler spann und zeigte, wie deren Werk sich immer auch auf den großen Reformator bezieht und von ihm beeinflusst ist.

 

Sein kurzweiliger Vortrag und seine lebendige und heitere Vortragsweise wurden durchwoben mit Klangbeispielen der beschriebenen Komponisten. Neben dem Chorsatz „Allein auf Gottes Wort will ich“ von Johann Walter erklangen das Deutsche Magnifikat von Heinrich Schütz, Bachs Kantatensatz „Ein feste Burg“, Mendelssohns Choralkantate „Verleih uns Frieden gnädiglich“ und Distlers anrührende Choralmotette „Es ist das Heil uns kommen her“.

 

Im homogen klingenden und nuanciert musizierenden Ensemble Capella laurentiana sangen Claudia Burkhardt (Sopran), Dagmar Bischoff-Glaser (Alt), Michael Čulo (Tenor) und Steffen Ritter (Bass), begleitet wurden sie von Angelika Rau-Čulo an Truhenorgel und Klavier. Warum Luther der „Frau Musica“ einen so hohen Stellenwert einräumt – er setzt sie neben die Theologie –, war an diesem Abend deutlich spürbar. Die zahlreichen Zuhörer dankten es den Akteuren mit lang anhaltendem Beifall.

 

NTZ, 09.11.2012